Ich habe heute das erste Mal OpenTalk ausprobiert, das zu den Anwendungen von Mailbox.org gehört. Hier sind meine Eindrücke.
Was ist OpenTalk?
OpenTalk ist eine quelloffene Videokonferenzlösung, die vollständig im Webbrowser läuft. Die Entwicklung wird primär von der Heinlein Gruppe vorangetrieben, die auch hinter dem E-Mail-Anbieter mailbox.org steht. Die Lösung verspricht alles, was man von einer Videokonferenzlösung erwartet: Moderatoren-Werkzeuge, Warteraum, hand heben, Sprecher-Warteschlange usw. Und laut dem Blogeintrag zum aktuellen Update liegt ein Schwerpunkt auch auf Barrierefreiheit.
Diejenigen, die mir schon länger in den diversen sozialen Und Blogging-Gefilden folgen, wissen, dass ich ein großer Fan dieses Anbieters bin. Die Weboberfläche Open-Xchange ist weitgehend auch mit Screenreadern bedienbar. Daher war ich natürlich neugierig, wie sich OpenTalk verhält. Es gibt im Bereich der Videokonferenzlösungen im Web ja unterschiedliche Qualität der Barrierefreiheit. Da sie aber explizit erwähnt wird, war ich hoffnungsvoll.
Erste Schritte
Schon die Startseite der Instanz bei mailbox.org, die ich mit meinem Tarif nutzen kann, machte einen ordentlichen Eindruck. Ich probierte zunächst das Erstellen eines Ad-Hoc-Meetings aus.
Zunächst werden zwei Meeting-Links erstellt. Der eine ist für Inhaber eines mailbox.org-Accounts, der andere für Gäste. In nicht-Ad-Hoc-Meetings könnte ich jetzt auch ein Kennwort festlegen, aber diese Funktion ist in Ad-Hoc-Meetings nicht vorgesehen. Mit einem Klick auf „Raum betreten“ geht’s weiter. Alles ist sauber und eindeutig beschriftet, auch die Buttons zum Kopieren der unterschiedlichen Links.
Der nun erscheinende Bildschirm ermöglicht mir, meinen Namen festzulegen (ist mit dem Namen des Accountinhabers vorbelegt). Auch kann ich hier das Mikrofon und die Kamera einschalten. Wenn ich mir nicht sicher bin, ob meine Internetverbindung gut genug ist, kann ich einen Speed-Test durchführen. Das Freigeben der Kamera und des Mikrofons sorgt für die übliche Abfrage des Browsers am Betriebssystem, ob die Website selbige nutzen darf. Sobald man das Mikrofon freigibt, findet die Tonübertragung an einen selbst statt. Man sollte also am besten Kopfhörer tragen, damit es keine Rückkopplung gibt. Gleichzeitig hat man jetzt aber die Gewissheit, dass das Mikrofon funktioniert. Die verzögerte Wiedergabe zeigt auch, dass der Server den Ton tatsächlich entgegennimmt und zurückspielt. Ob auch das Video wirklich funktioniert hat, kann ich aus Mangel an Sehkraft nicht feststellen, ich gehe aber davon aus, dass sie ebenso funktioniert wie das Mikrofon.
Der Speed-Test gibt auch eindeutig lesbare Zahlen zurück. Lediglich bei der Kurzanleitung, die man auch aufrufen kann, erscheint nur ein Bild, das lediglich den Alternativtext beinhaltet, dass es sich um eine Kurzanleitung handelt. Mit VoiceOver oder einem AI-Tool kann der Text in der Grafik aber gut erkannt werden. Oder man liest einfach die paar Kapitel in der Knowledge-Base von mailbox.org.
Der eigentliche Konferenzraum
Tja und was soll ich sagen? Sobald ich den Konferenzraum als Moderator/Gründer des Meetings betrete, habe ich tatsächlich Zugriff auf alles. Die Tabs der verschiedenen Bereiche sind eindeutig als solche erkennbar, auch wird ganz klar ausgewiesen, welcher der aktive Tab ist. Die verschiedenen Bereiche sind mit Navigationsmarken versehen, sodass man mit dem Screenreader schnell hin und her springen kann. Auch sind sie mit eindeutigen Labels versehen, sodass man immer weiß, wo man sich befindet.
Die diversen Aufklapp-Menüs sind problemlos mit der Tastatur und dem Screenreader bedienbar, sodass Feineinstellungen kontrolliert vorgenommen werden können.
Meetings planen
Es ist auch eine Funktion vorgesehen, Meetings zu planen. Der erste Bildschirm dieses Vorgangs ist problemlos bedienbar, es ist alles beschriftet. Ich habe jetzt noch kein Meeting geplant, weil ich gerade nicht weiß, wen ich dazu einladen könnte, aber wenn ich das ausprobiere, werde ich hier und auch von weiteren Entdeckungen wieder berichten.
Dinge, die ich noch testen muss
Dies war nur ein erster kurzer Test, um festzustellen, ob mit Screenreader überhaupt etwas zu machen ist. Und es wurde tatsächlich das Versprechen gehalten, was die Barrierefreiheit angeht. Das, was ich bisher unter den Fingern hatte, konnte ich wirklich alles bedienen. Klar muss ich ausprobieren, wie es ist, wenn ich in einem Raum das Handheben aktiviert habe, wie eine Sprecher-Warteschlange sich anhört, wie der Warteraum sich verhält usw.
Aber da die Grundlagen schon so gut sind, kann ich mir vorstellen, dass auch in diesen Bereichen vieles einfach funktionieren wird, oder wenn nicht, dass es nur Kleinigkeiten sein dürfen, an denen es evtl. hapert.
Fazit: Ich bin sehr angetan und positiv überrascht. Da habe ich, auch nach Jahren der Entwicklung, in anderen Produkten schon viel weniger Möglichkeiten vorgefunden. Als datenschutzkonforme Lösung aus der EU ist OpenTalk definitiv einen Versuch wert!